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Gartenteiche werden sehr schnell zum Lebensraum für Libellen – darunter auch sehr seltene Arten. Weil die Bedeutung der Teiche oft unterschätzt wird, hat NaturaGart zwei Biologen mit der wochenlangen Recherche weit verstreuter Literaturquellen beauftragt.

Das Ergebnis ist eine ausführliche, kommentierte Literaturübersicht – ein weiterer wichtiger Baustein für die Bewertung der Gartenteiche für die Natur.

Holger Kraus und Silke Kraus  05.03.2022
Kurzinfo: Libellen am Gartenteich

Vierfleck (Libellula quadrimaculata)

1. Welche Libellenarten kommen an Gartenteichen im deutschsprachigen Raum vor?

Insgesamt konnten bisher 25 Libellenarten identifiziert werden, die an Gartenteichen regelmäßig beobachtet werden können, oder als Einzelfunde dort nachgewiesen wurden. Eine Liste dieser Arten findet sich in der Vollversion dieses Dokumentes. Wildermuth & Krebs (1983) sprechen von 24 Libellenarten, die an Garten- und Naturschutzweihern vorkommen.

In besonders naturnahen Gartenteichen in günstiger Lage, können erstaunlich viele Libellenarten an einem einzelnen Teich beobachtet werden. Die maximal gefundene Artenzahl an einem Teich liegt zwischen 11 und 15 (Müller, 2012; Wildermuth & Küry, 2009). Penner (2003) konnte bereits im ersten Jahr nach dem Befüllen eines "naturnahen Badeteiches" 13 Libellenarten nachweisen. Wildermuth & Krebs (1983) fanden an einem besonders strukturreichen Teich 20 Arten und gehen ansonsten von 11 bis 13 Libellenarten an naturnahen Gartenteichen aus. Löhr (1986) konnte in einem Beobachtungszeitraum von 5 Jahren, 16 Libellenarten an einem Gartenteich nachweisen.

Nicht alle Libellenarten, die an Gartenteichen beobachtet werden können, können sich dort auch fortpflanzen. Aufgrund ihrer Anpassung an Fließgewässer z.B., können sich die Gebänderte und die Blauflügel-Prachtlibelle nicht in Gartenteichen vermehren. Zumindest erstere Art ist aber regelmäßig dort zu beobachten. Für 13 Libellenarten konnten Angaben zu einer Vermehrung in Gartenteichen und vergleichbaren Gewässern gefunden und damit die Bodenständigkeit nachgewiesen werden. Wildermuth & Krebs (1983) vermuten, dass 18 Libellenarten in Garten- und Naturschutzweihern auch zur Vermehrung kommen.

2. Mit welchen Libellenarten kann man typischerweise an einem Gartenteich rechnen?

Bei den meisten Gartenteichbesuchern unter den Libellen handelt es sich um Ubiquisten oder typische, häufige Arten kleiner Stehgewässer, wie die Blaugrüne Mosaikjungfer (Aeshna cyanea) oder z.B. die Große Pechlibelle (Ischnura elegans). Wildermuth & Küry (2009) listen für Gartenteiche und ähnliche, künstliche Gewässer:

  • Weidenjungfer (Lestes viridis),
  • Hufeisen-Azurjungfer (Coenagrion puella),
  • Grosse Pechlibelle (Ischnura elegans),
  • Frühe Adonislibelle (Pyrrhosoma nymphula),
  • Große Königslibelle (Anax imperator),
  • Blaugrüne Mosaikjungfer (Aeshna cyanea),
  • Grosser Blaupfeil (Orthetrum cancellatum),
  • Vierfleck (Libellula quadrimaculata),
  • Feuerlibelle (Crocothemis erythraea),
  • Grosse Heidelibelle (Sympetrum striolatum),
  • Blutrote Heidelibelle (S. sanguineum).

Dies entspricht mehr oder weniger dem Artenspektrum, das auch andere Autoren für Gartenteiche angeben. Je nach Region und Besonderheiten des einzelnen Teiches, können auch Arten dieser Liste fehlen, oder andere Arten Massenvorkommen an Gartenteichen bilden.

3. Welche Faktoren sind für das Vorkommen einzelner Arten an Gartenteichen ausschlaggebend

und wie lassen sich Libellen an Gartenteichen fördern?

Die Lebensraumansprüche einzelner Libellenarten unterscheiden sich stark, zumal Libellen mit ihren aquatischen Larven und ihren fliegenden Imagines im Laufe der Entwicklung sehr unterschiedliche Lebensräume besiedeln können und müssen.

Die Förderung von Libellen am Gartenteich lässt sich leicht über die Naturnähe des Gewässers und des umgebenden Gartens bewerkstelligen. Vielgestaltigkeit in allen Strukturen ist vermutlich der einfachste Weg, auch eine gewisse Diversität in der Libellenfauna zu erreichen. Unterschiedliche Wassertiefen, große Flachwasserbereiche, flach ansteigende Ufer, eine ausgeprägte Unterwasservegetation, pflanzenfreie Stellen, Bereiche mit Schwimmblattpflanzen, schwimmende Fadenalgenteppiche, abgestorbenes Pflanzenmaterial, Sand, Mulm und Totholz. Dies sind nur einige Beispiele und Faktoren, die die Zahl der Libellen und die Zahl der Libellenarten an einem Gartenteich positiv beeinflussen können.

Die Beschreibungen der Habitatansprüche der einzelnen Libellenarten in Menke et al. (2016) und Wildermuth, H. & A. Martens (2019) geben viele Detailinformationen zu diesem Thema, umfassende wissenschaftliche Untersuchungen sind jedoch rar. Auch Gartenteiche durchlaufen, ähnlich wie natürliche Kleingewässer, im Laufe der Zeit unterschiedliche Sukzessionsstadien. Jedes dieser Stadien zieht mit seinen besonderen Gegebenheiten auch unterschiedliche Libellenarten mehr oder weniger stark an. Nach Grauvogl (1991) ist davon auszugehen, dass die Artenzahl von Wasserinsekten mit dem Alter des Teiches abnimmt. Gelegentliche "Verjüngungen" des Gartenteiches können diesem Trend sicherlich entgegenwirken.

4. Welche Gefahren für Libellen ergeben sich an und in Gartenteichen?

Fischbesatz ist sicherlich einer der häufigsten Gründe, warum sich in Gartenteichen keine oder nur wenige Libellen entwickeln können. Außerdem können Pflegemaßnahmen, wie etwa der Rückschnitt von Uferpflanzen oder, über das Ufer hängenden Astwerks, Libelleneier zerstören, die dort abgelegt wurden.

Bei der Grundreinigung von Gartenteichen oder beim Entfernen zu dicht gewordener Ufer- oder Unterwasservegetation, können viele Libellenlarven und andere Teichbewohner vernichtet werden. Hier kann leicht Abhilfe geschaffen werden, indem man das entfernte Material z.B. über Nacht in direkter Ufernähe liegen lässt. Viele Wassertiere schaffen dann, ganz ohne Hilfe, den Weg zurück ins Wasser.

Für manche Arten scheint ein Mangel An geeigneten Schlupfplätzen zu herrschen. Im NaturaGart Park konnten an den Schlupflätzen Ansammlungen von Exuvien und darunter im Wasser, auch tote im Wasser treibende Imagines, verschiedener Libellenarten, beobachtet werden.

In einem Fall schlüpften aus flachen, runden Kübeln, die ausschließlich mit einer Lehmschicht und einem dichten Bestand von Armleuchteralgen (Chara sp. und Nitella sp.) ausgestattet waren, einige Dutzend Heidelibellen. Ein Teil der Tiere fiel offensichtlich nach dem Schlupf ins Wasser und starb. Es ist anzunehmen, dass für die Imaginalhäutung die entsprechenden Strukturen fehlten. Und die Tiere sich an der glatten und senkrechten Behälterwand nicht festhalten konnten, bis sie nach der Häutung ausgehärtet und flugfähig gewesen wären.

In einem weiteren Fall schlüpften in einem Filtergraben einige Dutzend Königslibellen (Anax sp.). Die einzigen aus dem Wasser ragenden Strukturen waren die Blattstiele des Riesenhechtkrauts. An diesen Stielen sammelten sich nach und nach die leeren Exuvien, hinter-, aber auch übereinander. Auch hier fanden sich eine ganze Reihe halb oder vollständig geschlüpfter Imagines im Wasser treibend. Offensichtlich fanden diese keinen ausreichenden Platz, an den bereits mit Exuvien besetzten Blattstielen. (Kraus, pers. Obs. 2021). Auch NaturaGart Kunden berichten von ähnlichen Beobachtungen.

Libellen werden auch am Gartenteich gerne von verschiedenen Vögeln gefressen. Dies ist aber in einem naturnah gestalteten Garten wohl eher der Ausdruck der Naturnähe, als eine vom Gartenbesitzer beeinflussbare Gefahr für die Libellen. Gleiches gilt für den Fraßdruck anderer Teichbewohner auf die Libellenlarven.

5. Haben Gartenteiche einen positiven Einfluss auf die Gesamtpopulation der Libellen?

Tragen Gartenteiche zur Vernetzung von natürlichen Libellenbiotopen bei?

Gartenteiche fördern mit Sicherheit die Libellen Biomasse und stützen somit sowohl die Population der infrage kommenden Arten, als auch die Populationen der Prädatoren, die sich von Libellen, oder deren Larven ernähren.

Natürliche Feuchtbiotope sind ganz besonders von den Folgen des Klimawandels betroffen. An Gartenteichen können einige dieser Folgen einfach abgemildert oder ausgeschaltet werden. Durch die künstliche Abdichtung und das regelmäßige Nachfüllen von Wasser durch den Besitzer werden Gartenteiche auch in Dürreperioden Wasser führen, wenn vergleichbare natürliche Gewässer dies nicht mehr tun. Auch wird der Gartenteichbesitzer zu verhindern wissen, dass ein Gartenteich in strengen Winter vollständig durchfriert.

Gartenteiche können zur Vernetzung von natürlichen Libellenbiotopen beitragen. Einige Beispiele von Libellenfunden verdeutlichen dies. Einige Arten scheinen bevorzugt dann an Gartenteichen vorzukommen, wenn es in der Nähe noch individuenstarke natürliche Vorkommen gibt. Den Individuen zweier weiter voneinander entfernter natürlicher Vorkommen, könnte ein dazwischenliegender Teich als Trittsteinbiotop dienen. Daten oder entsprechende Untersuchungen zu diesem Thema konnten nicht gefunden werden.

Das EPCN (2010) betont den Wert der Kleingewässer für die Artenvielfalt. Sie seien sowohl entscheidender Lebensraum, auch für seltene Arten, als auch Trittstein und Zufluchtsort und Biodiversität-Hotspots.

In Bezug auf die regionale Artenvielfalt von Binnengewässern, sei der Beitrag von Kleingewässern als Trittsteine oder Zufluchtsorte, so bedeutend wie der von Flüssen und Seen.

So seien die einzelnen stehenden Süßgewässer zwar oft klein, doch die Summe dieser kleinen Gewässer (kleiner 10ha), mache weltweit immerhin einen Anteil von 30 % der stehenden Binnengewässer aus.

Als Kleingewässer werden neben vielen historischen und kulturellen Anwendungen, auch "Dekorative Garten- und Schwimmteiche" aufgelistet.

6. Gibt es Nachweise von seltenen oder besonders schützenswerten Libellenarten an Gartenteichen?

Bei den weitaus meisten Libellen, die an Gartenteichen beobachtet werden scheint es sich um häufige und anspruchslose Arten zu handeln. Penner (2003) konnte aber auch "Rote Liste"-Arten, wie Aeshna affinis, Ischnura pumilio, Lester barbatus, Lestes dryas, Sympetrum danae und Sympetrum flavolum nachweisen.

Im NaturaGart Park in Ibbenbüren, Nordrhein-Westfalen ist in den letzten Jahrzehnten auf einer Fläche von etwa 4 ha eine Ansammlung von Gartenteichen und vergleichbaren künstlichen Gewässern entstanden. Eine erste und unvollständige faunistische Untersuchung zur Libellenfauna hat das Vorkommen von mindestens 20 Arten bestätigt, darunter z.B. auch die Zierliche Moosjungfer (Leucorrhinia caudalis).

7. Literaturverzeichnis "Libellen am Gartenteich"

EPCN European Pond Conservation Network (2010): Das Kleingewässer-Manifest. O.O.: EPCN, 20S.

Grauvogl (1991): Artenschutz von Wasserinsekten: Der Beitrag von Gartenteichen. Ber. ANL 15, S. 95 -130.

Löhr, P.-W. (1986), Seite 65-84: Die Libellenfauna eines Gartenteiches in Mücke/Vogelsberg (Hessen). Libellula 5 (3/4): S. 65-84.

Menke, N., C. Göcking, N. Grönhagen, R. Joest, M. Lohr, M. Olthoff & K.-J. Conze unter Mitarbeit von Artmeyer, C., U. Haese & S. Hennings (2016) Die Libellen Nordrhein-Westfalens. LWL-Museum für Naturkunde, Münster.

Müller, Reinhard (2012) Gefährdete Libellen im Gartenteich - ein Ausnahmegewässer in Berlin (Odonata). Märkische Ent. Nachr. Band 14, Heft 1 S. 201-204

Penner, Gerd (2003) Die ersten Gäste am neuen Teich. Gartenteich 4/2003. S. 8-12.

Stübing, S., H.-J. Roland, T. Closs, C. Gelpke, B. Hill, M. Korn & M. Schroth (2008): Jahresbericht Hessen 2006/07. - Libellen in Hessen 1: 15-55 (aus Menke et al. (2016))

Wildermuth, H. & A. Martens (2019) Die Libellen Europas. Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim.

Wildermuth H. & D. Küry (2009): Libellen schützen, Libellen fördern Leitfaden für die NaturschutzpraxisBeiträge zum Naturschutz in der Schweiz Nr. 31/2009 ISSN 1421-5527

Wildermuth, H. & A. Krebs (1983): Sekundäre Kleingewässer als Libellenbiotope. Vierteljahresschrift der Naturforschenden Gesellschaft Zürich 128: 21-42



Dr. rer. nat. H. Kraus, Dipl. Biol. S. Kraus (2022)
NaturaGart Deutschland GmbH & Co KG